Montag, 27. September 2010

Paul - Fortsetzung

Ich bleibe gefühlte 30 Minuten auf der Toilette, das sollte wohl reichen. Falsch gedacht! Ernst sitzt mit geschlossenen Augen vor dem Wirtshaus „Zum rauschenden Bach“ auf einer hellbraunen Holzbank und geniesst die Sonnenstrahlen des Herbstes. Grmpf… was jetzt? An ihm vorbeischleichen kann ich nicht. Er ist noch nicht schwerhörig genug, als das er mich nicht bemerken würde. Die raschelnden Blätter am Boden verraten mich. Ah Mona, er tätschelt mit seiner verschrumpelten Hand neben sich auf die Bank, was so viel bedeutet, Mona setz dich doch zu deinem Onkel. Nein, nein, ich bin doch schon so lange auf dem Stuhl im Sääli gesessen, ich muss mir etwas die Beine vertreten. Mein Versuch abzuhauen und ihn alleine auf der Bank hocken zu lassen, scheitert den Ernst erhebt sich. Das ist eine gute Idee, ich gehe ein paar Schritte mit dir und schon hängt er sich bei mir ein. Sein „älteli Geruch“ lässt meinen Atem flach werden, ich versuche meinen Kopf abzuwenden um an Frischluft zu kommen, natürlich fängt er jetzt an, Konversation zu führen, toll! Monalein, (wie niedlich, darauf stehe ich ganz besonders) hast du den jetzt einen festen Freund? Ich tue so als würden die Herbstastern im Gärtli des Wirtshauses meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchen und antworte mit, ja, der Herbst hat schon seinen Reiz, gäll Ernst! Ist dein Hautausschlag eigentlich besser geworden? Ernst, etwas peinlich berührt, überhört meine Frage ebenso und sagt, und Pilze gibt es dieses Jahr besonders viele! Ernst ist ein Pilzler, schade dass er alle Pilze so gut auseinander halten kann, sonst hätte mal die Möglichkeit bestanden…..sie wissen schon!
Sein Arm ist immer noch an meinem eingehängt und seine Hand streicht über meine. Ich bekomme Hühnerhaut und befreie mich aus diesem Griff in dem in vortäusche meine Nase putzen zu müssen. So, jetzt sind wir aber weit genug gelaufen, gehen wir wieder zu den anderen, sicher serviert uns Frau Hirschi gleich ein Wildsüppli und das sollten wir auf keinen Fall verpassen. Ernst und ich steigen die Treppen zum Sääli hoch und wirklich, beinahe laufen wir in Frau Hirschi und drei Teller Suppe hinein.


Frau Elisabeth Hirschi, die mürrische, immer katastrophal frisierte und stets unglaublich schlecht gelaunte Servierdüse „Zum rauschenden Bach“ arbeitet seit mindestens 35 Jahren in diesem Lokal, was sich wohl eher als Beiz betitulieren lässt! Warum um Himmelswillen nur, Essen wir eigentlich immer in der gleichen Chnellä? Sicher hat sich diese Frage noch niemand ausser mir und Paul gestellt. Am Essen kann es nicht liegen. Aber vermutlich doch wegen dem Essen, da haben sie wenigstens alle ein Thema. Also das letzte mal hatte es mehr Schnittlauch auf dem Salat und die Spätzli waren auch etwas knusprig…….
Hach Paul, du hast mir diese Familienfest-Tortur wenigstens etwas versüsst. Immer wenn ich von jemandem in die Mangel genommen wurde, so Mona erzähl mal, hast du mir verschwörerisch zugeblinzelt und Grimassen gemacht. Wie hätte ich dabei ernst bleiben können. Früher, als wir noch Kinder waren, haben wir uns von unseren Verwandten losgerissen und sind raus an den Bach oder in den nahegelegenen Wald gerannt. Ihre Worte in unserem Nacken, unverschämt diä Goofä, beeindruckten uns nicht! Alle Gänge haben wir verpasst, wir vergassen beim spielen Hunger, Durst und die alten Knacker. Erst zum Dessert kamen wir wieder zurück, dreckig und die Haare verschtrubblet. Meine Mutter brachte ihren Mund gar nicht mehr zu, mein Vater hat in sich hinein gelacht und deine Mutter Paul, die sagte immer. Also mein Bub hat keine schuld, eure Mona stiftet ihn immer an, gäll Päuli!!


Einfach gestorben bist du vor 15 Jahren. Auf meine Frage, an was, warum ist Paul gestorben, bekomme ich keine Antwort. Nur immer, pschscht Mona, jetzt hör doch auf zu fragen. Ich glaube, da liegt ein toter Hund begraben.

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