Donnerstag, 30. September 2010

kreischende Affen!

Ich glaube, Milenas Affenbande ist gerade bei mir zu Besuch! In meinem Hirn. So etwas hatte ich vorher nie, habe vorher nie überlegt, ob mein geschriebenes jemanden interessieren könnte. Und jetzt plötzlich, ist da diese Frage. Macht sich breit und nimmt so viel, viel zu viel Platz ein. Ich werde die kreischenden Affen nicht mehr los. Immer wenn ich an meine Familiengeschichte denke, sehe ich sie sitzen auf einem grossen Baum, voll mit dunkelgrünen Blättern. Sie glotzen mich von oben herab an. Kratzen sich am Kopf und unter den Ärmen. Es sind Schimpansen, ich erkenne sie ganz genau. Mütter mit ihren Kindern auf dem Rücken. Die kleine frechen turnen an den Ästen und fliegen Haarscharf an mir vorbei. Die alten hocken einfach da, grunzen,schreien. Sie sind einfach so LAUT. Sie übertönen, Gundula, Onkel Ernst, Gerda, Frau Hirschi, Fritz, Charlotte, Franz, Paul, Helga und sogar Mona! Kein klarer reiner Gedanke kommt mehr durch.

Wen interessiert den schon so eine Geschichte?? Ich wollte alle im Sääli ders Restaurants "zum rauschenden Bach" auf kreative Weise sterben lassen, so das Mona nie mehr an ein solch STERBENSlangweiliges Familientreffen gehen muss. Ihrer Mutter zuliebe! Schon Jahre lang! Irgendwie haben mich aber meine Kopfszenen an die Bücher meiner Lieblingsautorin Ingrid Noll erinnert. Ich will sie ja nicht "kopieren". Und ich glaube, da fingen sie an, die Affen mit dem kreischen.

Vielleicht muss ich die Geschichte im stillen Kämmerlein weiterschreiben. Nur für mich. Ja, ich könnte die angefangene Geschichte auch ganz einfach löschen, schwupps und weg. Aber das geht mir dann doch auch wieder gegen den Strich. Was im Blog geschrieben steht, bleibt.

Hmmmmm, schwierig! Schreiben werde ich weiterhin. Kleine Episoden, kurze Gschichtli, Begebenheiten, irgendwas, ich weiss doch auch nicht. Schreiben macht mir Freude. Der Schreibkurs hat mich angesteckt. Die Affen haben mich abgeschreckt. Ich muss sie wieder zum Schweigen bringen!

Dienstag, 28. September 2010

Fiidööli - es geht weiter

Toter Hund ist gut! Helgas Hund war letztes Jahr noch mit dabei, auch nicht mehr so munter aber immer noch gefrässig wie ein T-Rex. Helga hat ihrem „Fiidööli“ immer Fleischmocken unter den Tisch geschmissen. Fiidööli hat jeweils ebenso so laut auf dem Fleisch herumgekaut wie die Hundebesitzerin selber. Welch bezauberndes Geräusch! Wenn Helga während des Essens etwas gefragt wurde, musste sie erst wieder ihre Schublade richtig einrenken bevor sie antworten konnte. Sehen Sie dieses Bild vor sich? Herrlich!
Fido ist nicht mehr. Ein Pouletknochen wurde ihm zum Verhängnis. Das weiss man doch, Pouletknochen sind nix für Hunde. Vielleicht hat aber auch Helgas Mann das seinige dazu getan. Dieser Köter hat es schöner als ich, eigenes Sofa und immer einen Napf voll Fressen, das ist doch nicht normal. Helga hat dann ihren Fido immer gleich auf ihren Schoss genommen, ist ihm über das Köpfchen gefahren und hat gesagt, weisch dä Franz meint’s nöd esoo. Franz hat es aber ganz genau so gemeint! Ja nu, Fido ruht im Hundehimmel. Sogar einen Grabstein hat er bekommen mit der Aufschrift: Fiidööli mein, im Herzen so rein, der Knochen sollte nicht sein.
Franz ist auch nicht mehr. Helga liebte Fido und Franz den Alkohol, Franz's Leber ertrank im allzu vielen davon.

So, alle wurden von Frau Hirschi mit der Suppe beglückt, dann konnte das grosse Schlürfen ja beginnen, Ton ab! Dreissig Mal schlürf und sabber, tut mir leid aber so kann ich nicht essen! Gerda verschluckt sich. Ausgerechnet Gerda. Sie hustet und hustet. Meine Mutter haut ihr auf den Rücken, Gerda verschlägt es darob den Atem. Von dem hat sie grad sowieso nicht zu viel. Gerda sperrt die Augen und den Mund auf. Ihr Mund sieht aus wie der Eingang eines Vogelhäuschens im Wald. Der Ornithologische Verein Embrach kommt mir in den Sinn. Gerda pfeift, vermutlich schon bald aus dem letzten Loch. Mutter versucht es jetzt mit einem Schlag auf die Vorderseite. Röcheln von Gerda und schliesslich kippt diese vom Stuhl. Alle löffeln weiter, wer hat den schon gerne kalte Suppe. Da niemand Anstalten macht, bei Gerda die Lebensrettenden Sofortmassnahmen einzuleiten, nehme ich an, dass die anderen auch schon zu Nahe bei ihr gestanden haben und wissen, welcher Wind von ihr her weht. Meine Mutter stupft Gerda mit ihrem Schuh an, nichts, keine Bewegung. Sie schiebt sie noch etwas weiter unter den Tisch und stellt ihre beiden Füsse auf sie. Vielleicht ist es so bequemer oder sie merkt dann, wenn sich Gerda bewegt.

Frau Hirschi räumt ab. Ob es gut war, interessiert sie nicht. Sie sagt nur, und jetzt, s’nögscht? Sie bekommt ein paar jajas, nonigs, chli schpöters und sichers zur Antwort, die ihr aber auch egal sind. Sie macht sowieso wie’s ihr passt. Mit den beladenen Suppentellern marschiert sie ab, ich schaue ihr nach. Die dunkelbraunen Stützstrümpfe sind eine Augenweide. Dazu trägt sie schwarze „Bequemschuhe“ die bei jedem Schritt auf dem polierten Parkettboden quietschen. Heidi’s Frau Rottenmeier kommt mir dabei in den Sinn. Ich bin mir ganz sicher, die hatte genau solche Schuhe an. Als Hausdrachen gehen sie beide durch.

Was git’s als nögschts? Charlotte schreit über den ganzen Tisch. Aha, Hörgerät nicht dabei oder ausgeschaltet. Fritz näggelet an Charlottes rechtem Ohr herum, höör uuf, das pfiifft.
Apropos pfeifen. Wie geht es eigentlich Gerda? Ich kippe auf den beiden Hinterbeinen meines Holzstuhls und versuche so unter dem Tisch etwas zu sehen. Sie liegt immer noch unter dem Tisch und ich beschliesse jetzt doch eine Zigi zu rauchen bis der nächste Gang kommt. Mit Parisienne habe ich aufgehört, dafür mit Gauloises angefangen. Ich rauche die ohne Filter, wenn schon den schon!

Montag, 27. September 2010

Paul - Fortsetzung

Ich bleibe gefühlte 30 Minuten auf der Toilette, das sollte wohl reichen. Falsch gedacht! Ernst sitzt mit geschlossenen Augen vor dem Wirtshaus „Zum rauschenden Bach“ auf einer hellbraunen Holzbank und geniesst die Sonnenstrahlen des Herbstes. Grmpf… was jetzt? An ihm vorbeischleichen kann ich nicht. Er ist noch nicht schwerhörig genug, als das er mich nicht bemerken würde. Die raschelnden Blätter am Boden verraten mich. Ah Mona, er tätschelt mit seiner verschrumpelten Hand neben sich auf die Bank, was so viel bedeutet, Mona setz dich doch zu deinem Onkel. Nein, nein, ich bin doch schon so lange auf dem Stuhl im Sääli gesessen, ich muss mir etwas die Beine vertreten. Mein Versuch abzuhauen und ihn alleine auf der Bank hocken zu lassen, scheitert den Ernst erhebt sich. Das ist eine gute Idee, ich gehe ein paar Schritte mit dir und schon hängt er sich bei mir ein. Sein „älteli Geruch“ lässt meinen Atem flach werden, ich versuche meinen Kopf abzuwenden um an Frischluft zu kommen, natürlich fängt er jetzt an, Konversation zu führen, toll! Monalein, (wie niedlich, darauf stehe ich ganz besonders) hast du den jetzt einen festen Freund? Ich tue so als würden die Herbstastern im Gärtli des Wirtshauses meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchen und antworte mit, ja, der Herbst hat schon seinen Reiz, gäll Ernst! Ist dein Hautausschlag eigentlich besser geworden? Ernst, etwas peinlich berührt, überhört meine Frage ebenso und sagt, und Pilze gibt es dieses Jahr besonders viele! Ernst ist ein Pilzler, schade dass er alle Pilze so gut auseinander halten kann, sonst hätte mal die Möglichkeit bestanden…..sie wissen schon!
Sein Arm ist immer noch an meinem eingehängt und seine Hand streicht über meine. Ich bekomme Hühnerhaut und befreie mich aus diesem Griff in dem in vortäusche meine Nase putzen zu müssen. So, jetzt sind wir aber weit genug gelaufen, gehen wir wieder zu den anderen, sicher serviert uns Frau Hirschi gleich ein Wildsüppli und das sollten wir auf keinen Fall verpassen. Ernst und ich steigen die Treppen zum Sääli hoch und wirklich, beinahe laufen wir in Frau Hirschi und drei Teller Suppe hinein.


Frau Elisabeth Hirschi, die mürrische, immer katastrophal frisierte und stets unglaublich schlecht gelaunte Servierdüse „Zum rauschenden Bach“ arbeitet seit mindestens 35 Jahren in diesem Lokal, was sich wohl eher als Beiz betitulieren lässt! Warum um Himmelswillen nur, Essen wir eigentlich immer in der gleichen Chnellä? Sicher hat sich diese Frage noch niemand ausser mir und Paul gestellt. Am Essen kann es nicht liegen. Aber vermutlich doch wegen dem Essen, da haben sie wenigstens alle ein Thema. Also das letzte mal hatte es mehr Schnittlauch auf dem Salat und die Spätzli waren auch etwas knusprig…….
Hach Paul, du hast mir diese Familienfest-Tortur wenigstens etwas versüsst. Immer wenn ich von jemandem in die Mangel genommen wurde, so Mona erzähl mal, hast du mir verschwörerisch zugeblinzelt und Grimassen gemacht. Wie hätte ich dabei ernst bleiben können. Früher, als wir noch Kinder waren, haben wir uns von unseren Verwandten losgerissen und sind raus an den Bach oder in den nahegelegenen Wald gerannt. Ihre Worte in unserem Nacken, unverschämt diä Goofä, beeindruckten uns nicht! Alle Gänge haben wir verpasst, wir vergassen beim spielen Hunger, Durst und die alten Knacker. Erst zum Dessert kamen wir wieder zurück, dreckig und die Haare verschtrubblet. Meine Mutter brachte ihren Mund gar nicht mehr zu, mein Vater hat in sich hinein gelacht und deine Mutter Paul, die sagte immer. Also mein Bub hat keine schuld, eure Mona stiftet ihn immer an, gäll Päuli!!


Einfach gestorben bist du vor 15 Jahren. Auf meine Frage, an was, warum ist Paul gestorben, bekomme ich keine Antwort. Nur immer, pschscht Mona, jetzt hör doch auf zu fragen. Ich glaube, da liegt ein toter Hund begraben.

Sonntag, 26. September 2010

Das Familienfest - Eine Geschichte

Sie hätte einfach aufstehen und gehen können! Alle die um den weiss gedeckten Tisch herum sassen, nervten Mona so sehr, dass sie am liebsten laut geschrien hätte! Weisses Spitzentischtuch mit gelben Servietten, also bitte. Jedes Jahr, die gleiche Zeremonie. Jedes Jahr die gleich doofen Geschichten von Tante Gundula und immer, immer noch bestand Onkel Ernst auf diese wäääk Wangenküsse, igitt. Ihre Verwandtschaft war vordergründig so bieder und ganz klar falsch. Da log doch jeder dem anderen in die Tasche. Oh, Gerda, wie geht es dem deinem Knie, ich hoffe besser!! Was hat den der Arzt gesagt? Hast du die Umschläge gemacht, du weisst doch, das Wickelrezept habe ich dir vor ein paar Wochen geschickt. Hach, wen interessierten den Gerdas Knie, die zu dicken, schwarzbehaarten x-Beinen gehörten. Mona schüttelte es innerlich wenn sie an diese Beine dachte.
Mona, setz dich doch etwas zu Gerda und erzähl ihr was du so machst! Sie ist sicher ganz gespannt wie deine Zukunftspläne aussehen. Was ich noch vergass zu erwähnen, Gerda hat einen unglaublichen Mundgeruch! Jede noch so versiffte Müllhalde riecht dagegen wie eine Douglas Parfumerie, "come in and find out". Bloss nicht!! Mutter kann mich doch nicht sooo hassen als das sie darauf bestehen könnte, dass ich mich näher als auf nur eine Armlänge entfernt zu Gerda setzen möchte!!
Ganz steif sitze ich nun auf meinem unbequemen Holzstuhl. Das Kissen, wer weiss wie oft da schon reingepupst worden ist, ist so flach, als das es jetzt in diesem Zustand für ein Tischset herhalten könnte. Ja, vom Duft der dann in die Nase aufsteigen wird, rede ich ja gar nicht. Die Restaurant Besitzer könnten doch wenigstens mal in neue Kissen, welche den Namen "Kissen" auch verdienen, investieren. Gelb wäre schön, passend zu den wunderbaren Urinfarbenen Servietten. Ob dieser Vorstellung, huscht mir ein kurzes Lächeln über die Lippen. Gerda schaut mich an. Was ist den so lustig mein Kind, erzähl es mir doch. Ich bin nicht dein Kind! Mich würgt's! Onkel Ernst zwinkert mir zu, alter Lustmolch! Endlich wage ich es aufzustehen. Meine Mutter schaut mich fragend an. Ich gehe kurz an die frische Luft, sage ich. Mutter: Aber nicht, dass du mir wieder von diesen grauenhafte Parisienne Zigis rauchst. Gerda: Was, Mona raucht immer noch, also wirklich Mona, du weisst doch wie schädlich, schrecklich ungesund Zigaretten sind und wie man dann immer riecht. Ja Gerda, aber man riecht immer noch besser aus dem Mund als du! Nein, wo denken Sie hin. Ich als braves Mädchen, werde so etwas nie zu der lieben Gerda sagen. Die würde doch glatt vom verpupsten Kissen fallen und kein Mensch würde bei ihr Wiederbelebungsversuche machen wollen. Dieser Gedanke stimmt mich fröhlich, wird aber grad wieder abgemurkst weil, genau, Ernst beschliesst in diesem Moment dass ich unbedingt Begleitung brauche. HILFE!! Erst auf die Toilette flüchten und solange dort sitzen bleiben, bis es Onkelchen draussen in der kühlen Bise zu kalt wird. Hat er nicht Gicht?? Dann wird er es vermutlich nicht lange draussen aushalten, ich habe Hoffnung!